Demographie: Große Herausforderung für Philippsburg

Veröffentlicht am 07.04.2014 in Kommunalpolitik

Dem britischen Premierminister Sir Winston Churchill wird – wohl fälschlicherweise – der Satz zugeschrieben: „Ich traue keiner Statistik, die ich nicht selbst gefälscht habe.“ Die darin ausgedrückte Skepsis gegenüber Zahlen und Statistiken ist sicher berechtigt. Und dennoch können sie helfen, komplexe Sachverhalte zu analysieren und Entwicklungen aufzuzeigen.

Große Bedeutung haben z. B. Zahlen und Statistiken zur Bevölkerungsentwicklung und zum demographischen Wandel. Auf der Basis des Zensus 9. Mai 2011 hatte Philippsburg am 30.06.2013 12.499 Einwohner. Der Regionalverband Mittlerer Oberrhein hat 2012 einen Demografiebericht veröffentlicht, in dem demografische Gemeindeprofile bis zum Jahr 2030 dargestellt werden. Datengrundlagen sind die amtliche Statistik und die aktuelle Bevölkerungsvorausrechnung des Statistischen Landesamtes.

Gut aufbereitet ist in der Graphik die Bevölkerungsstruktur und die erwartete Bevölkerungsentwicklung bis 2030 in 10 Altersgruppen. Die ersten Zahlen des Jahres 2010 sind die tatsächlichen Werte, die zweite Zahlenreihe des Jahres 2010 enthält die auf der Basis früherer Daten berechneten Werte. Die demografischen Gemeindeprofile für alle Gemeinden und Städte in der Region Mittlerer Oberrhein sind hier kostenlos als PDF-Dokument verfügbar.

Der demografische Wandel hat zwei Hauptursachen: 1. die geringe Geburtenhäufigkeit – in Baden-Württemberg wurden in den letzten beiden Jahren 1,37 Kinder je Frau geboren; 2. Die wachsende Lebenserwartung – 2050 wird die durchschnittliche Lebenserwartung für Männer bei 84 Jahren, für Frauen bei 89 Jahren liegen.

Da die Region Karlsruhe zu den wirtschaftlich aktivsten und attraktivsten Lebensräumen in Deutschland zählt, wird auch die Zuwanderung aus anderen Regionen Deutschlands und Europas weiterhin eine Rolle spielen. Diese Zuwanderung war und ist gerade für unsere Stadt von großer Bedeutung. Mit einem geschätzten Anteil Migranten von 38 % (entspricht 4.800 Migranten) liegt Philippsburg an erster Stelle im Landkreis Karlsruhe, gefolgt von Bretten mit 36 % und Oberderdingen mit 33 %.

Der demografische Wandel hat erhebliche Auswirkungen auf ganz zentrale Felder unserer Kommunalpolitik: auf unsere Schulen, Kindergärten, Kinderkrippen und Betreuungsangebote, auf unsere Senioren, Gesundheit, Mobilität und Technik, auf die Finanzen, auf die Infrastruktur, auf den vorhandenen Wohnungsbestand und seine Wiederbelegung, auf die Innenentwicklung und Attraktivität der Stadt und auf die Frage der Ausweisung von Neubaugebieten.

Einige wenige konkrete Beispiele zur Seniorenpolitik mögen die Folgen des demografischen Wandels verdeutlichen: Senioren von heute sind, wenn es ihre Gesundheit erlaubt, aktiv. Sie sind es gewohnt, sich – auch ehrenamtlich – zu engagieren. Ihre Bereitschaft, sich in die Familie und Gesellschaft einzubringen, ist hoch, sie sind an Teilnahme orientiert. Wie, wo und womit kann die Stadt diese aktiven Senioren unterstützen?

Nach heutigem Stand werden aber auch Hochbetagte über 80 zu 40% pflegebedürftig. Bisher übernahmen überwiegend Familienangehörige ihre Betreuung. Doch angesichts veränderter Familienstrukturen und zunehmender Mobilität der jüngeren Generationen werden wohl öffentliche und private Pflegedienstleistungen stärker nachgefragt werden. Die ambulanten und stationären Pflegeeinrichtungen werden zunehmen und individuelle Konzepte entwickeln müssen.

Welche Wohnformen wünschen Senioren? Öffentliche Einrichtungen müssen behindertengerecht ausgebaut werden und öffentliche Wege für Gehhilfen nutzbar sein. Die wohnortnahe medizinische Versorgung ist für Senioren mit eingeschränkter Mobilität besonders wichtig.

Wie können Senioren in Würde älter werden? Solche und viele weitere Fragen zu den Folgen des demografischen Wandels wird der neue Gemeinderat mit der Verwaltung bald diskutieren und entscheiden müssen. Dass dabei die Senioren mitwirken, ist für uns eine Selbstverständlichkeit. Deshalb: Anpacken. Für unsere Stadt.

Joachim Pöschel
Stadt- und Kreisrat

 
 

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