Antwort des Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit auf unseren Offenen Brief

Veröffentlicht am 20.08.2015 in Ortsverein

Antwort des Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit auf unseren Offenen Brief


 

Sehr geehrter Herr Vorsitzender,

vielen Dank für Ihr Schreiben vom 7 Juli 2015 zur Rückführung der Abfälle aus der Wiederaufbereitung deutscher Brennelemente aus Frankreich zum Standortzwischenlager Philippsburg. Frau Bundesministerin Dr Barbara Hendricks hat mich gebeten Ihnen zu antworten.

 

Die mit dem Standortauswahlgesetz eingeführte Verpflichtung, die letzten noch aus dem Ausland zurückzuführenden Behälter mit verglasten Abfällen in bestehende Standortzwischenlager und nicht mehr in das Transportbehälterlager Gorleben einzulagern, beruht auf einem breiten politischen Konsens, der von allen Ländern mitgetragen wurde. Mit dieser Entscheidung soll ein glaubhafter Neustart der Suche nach einem Endlager insbesondere für hochradioaktive Abfälle als Voraussetzung für einen erfolgreichen Suchprozess und damit zugleich als Voraussetzung für die zeitgerechte Räumung der Zwischenlager ermöglich werden. Die Länder Baden-Württemberg und Schleswig-Holstein waren von Anfang an bereit einen Teil der Lasten aus der Rückführung zu tragen und somit Verantwortung zu übernehmen. Da die anderen Länder diesem Vorbild nicht gefolgt sind hat sich Frau Bundesministerin Dr. Barbara Hendricks entschlossen, ein eigenes Konzept vorzulegen. Dieses Konzept sieht eine ausgewogene Verteilung der 26 Behälter vor. Eine Einlagerung ist für die Bevölkerung nicht mit zusätzlichen Lasten verbunden, da keine Erweiterung der für das jeweilige Zwischenlager bereits genehmigten Stellplatzanzahl und der bereits genehmigten Aktivität erfolgt.

 

Das Konzept von Frau Bundesumweltministerin soll den Elektrizitätsversorgungsunternehmen (EVU) als Richtschnur dienen, wie sie ihre gesetzlichen Verpflichtungen zur Rückführung und Aufbewahrung der verglasten radioaktiven Abfälle aus der Auslandswiederaufbereitung erfüllen können. Die weiteren Festlegungen werden in einer gemeinsam mit den EVU zu bildenden Arbeitsgruppe erfolgen. Im Interesse einer möglichst breiten Akzeptanz wird sich das Bundesumweltministerium um eine einvernehmliche Lösung mit den betroffenen Ländern und Standortgemeinden bemühen, und weiterhin den Aspekten von Information, Transparenz und Akzeptanz Rechnung tragen.

 

Sie sprechen in Ihrem Schreiben auch Ihre Sorge an, dass das Standortzwischenlager Philippsburg keine „heiße Zelle“ besitzt und somit ein undichter CASTOR- Behälter nicht neu verschlossen oder repariert werden könnte. Die in Deutschland verwendeten Transport- und Lagerbehälter vom Typ CASTOR sind für die Zwischenlagerung mit einem Doppeldeckeldichtungssystem bestehend aus einem Primärdeckel und einem Sekundärdeckelsystem ausgerüstet. Jedes der beiden Systeme kann alleine die Dichtheit des Behälters und damit den sicheren Einschluss der radioaktiven Stoffe gewährleisten. Im Verkehrsrecht ist zum Transport der Behälter eine Dichtungsbarriere vorgeschrieben, das heißt die Dichtheit kann sicher mit einem intakten Deckel garantiert werden. Für den Behältertyp CASTOR HAW28M, wie er für die Rückführung der verglasten Abfälle aus Frankreich und dem Vereinigten Königreich verwendet wird, ist ein Transport auf öffentlichen Verkehrswegen nur zugelassen, wenn die Primärdeckeldichtung intakt ist. Für den Fall einer Undichtigkeit einer Primärdeckeldichtung während der Aufbewahrung wäre als Reparaturmöglichkeit das Aufschweißen eines Fügedeckel im Rahmen der zu erteilenden Änderungsgenehmigung möglich. Ein Behälter der Bauart CASTOR HAW28M mit aufgeschweißtem Fügedeckel kann dann im Rahmen einer Aufbewahrungsgenehmigung uneingeschränkt weiter zwischengelagert werden. Allerdings ist vor dem Abtransport zur Konditionierung bzw. Endlagerung die Herstellung einer zugelassenen Transportkonfiguration erforderlich. Dies könnte beispielsweise durch eine Änderung der bisherigen verkehrsrechtlichen Zulassung des Behälters CASTOR HAW28M ermöglicht werden, z.B. durch eine konstruktive Änderung der Transportkonfiguration. Rein vorsorglich hat der Antragsteller im Rahmen des Genehmigungsverfahrens zur Aufbewahrung der verglasten Abfälle darüber hinaus ein Konzept zur Machbarkeit einer Primärdeckelwechselstation am konkreten Zwischenlagerstandort vorzulegen. Sofern eine Änderung der verkehrsrechtlichen Zulassung nicht möglich ist, kann vor dem Abtransport des schadhaften Behälters eine heiße Zelle zu dessen Reparatur genehmigt und errichtet werden. Insgesamt bleibt, da die Aufbewahrung mit einem aufgeschweißtem Fügedeckel uneingeschränkt möglich ist, viel Zeit um die Abtransportfähigkeit eines Behälters wiederherzustellen. Die Entsorgungskommission (ESK) hat diese Einschätzung des Bundesumweltministeriums in ihrer Stellungnahme vom 30. Oktober 2014 bestätigt. Aus den Aussagen der „Kommission Lagerung hoch radioaktiver Abfallstoffe nach §3 Standortauswahlgesetz“ zu möglichen Szenarien für die Errichtung und den Betrieb des Endlagers für insbesondere Wärmeentwickelnde Abfälle können keine unmittelbaren Schlussfolgerungen auf die erforderliche Betriebsdauer der standortnahmen Zwischenlager gezogen werden. Im Entwurf des nationalen Entsorgungsprogramms, in dem die Strategie für die sichere und verantwortungsvolle Entsorgung bestrahlter Brennelemente und radioaktiver Abfälle dargelegt wird, ist vorgesehen, dass mit der ersten Teilgenehmigung für das Endlager für besonders Wärme entwickelnde Abfälle, d.h. nach der vorläufigen positiven Gesamtbewertung, auch ein Eingangslager am Standort des Endlagers errichtet und damit die Voraussetzung für den Beginn der Räumung der bestehenden Zwischenlager geschaffen werden soll.

 

Mit freundlichen Grüßen,

im Auftrag

Dr. Christian Götz

 
 

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